Sonntag, 11. Januar 2009

Navigationstechnik Verstecken unmöglich

Wer ein Handy mit GPS-Sender hat, kann sich im Notfall von seinen Rettern orten lassen. Er kann aber auch unbemerkt ausspioniert werden.

Die Nutzung der satellitengestützten Navigation nimmt zuweilen skurrile Züge an: Unter dem Label „Lindelucy“ vertreibt die brasilianische Designerin Lucia Lorio neuerdings Dessous mit eingebautem Navigationsgerät. So groß wie eine Zigarettenschachtel blitzt das GPS-Gerät mit eingebautem Sender unter der Wäsche hervor. Damit kann die Trägerin jederzeit geortet werden. Allerdings funktioniert die Verfolgung der Geliebten nur, solange sie den Sender nicht ausschaltet.

Ursprünglich wurde das Global Positioning System (GPS) vom amerikanischen Militär zur Ortung von Angriffszielen und zur besseren Orientierung der Soldaten entwickelt. Heute leistet es als Navigationsgerät im Auto oder Flugzeug, als digitaler Stadtplan im Handy oder als Sender für die Notfallrettung zivile Dienste.

Inzwischen wird die Navigationstechnik auch im Sport eingesetzt. In den Vereinigten Arabischen Emiraten lassen Scheichs zum Beispiel Roboter-Jockeys bei Kamelrennen an den Start gehen. Gesteuert werden die künstlichen Reiter mit GPS und einer Fernbedienung.

Mit dem GPS-Handy werden Eifersüchtige ganz leicht zum Spion

Für Kunden mit GPS-Handy werden im Internet verschiedene Dienste angeboten. Einige davon sind recht bedenklich. "Im Einverständnis", wie es heißt, könne man die Mobiltelefone von Freunden oder Familienangehörigen orten lassen. Die Barriere ist niedrig für jemanden, der etwa Beweise für einen Seitensprung finden will.

"Geben Sie sich den Liebesbeweis des neuen Jahrtausends und erteilen Sie sich gegenseitig eine Ortungsgenehmigung", fordert beispielsweise "ehebruch24". Und wenn der Partner nicht will? "Verschaffen Sie sich Gewissheit", wirbt der Anbieter. Jemanden ohne sein Wissen auszuspionieren erscheint so wie eine Bagatelle. Zudem kostet die Ortung per Handy nur ein paar Cent. Da werden auch Stalker nicht lange zögern, schließlich brauchen sie ihrem Opfer nun nicht mehr ständig hinterherzulaufen.


Die Überwachung ist ganz einfach. Nach der Anmeldung im Internet verschafft man sich unbemerkt Zugang zu dem Handy desjenigen, den man heimlich verfolgen will. Von dessen Gerät aus schickt man eine Aktivierungs-SMS ab. Wird diese anschließend gelöscht, ebenso wie die Bestätigungs-SMS, bemerkt derjenige nicht, dass er ausspioniert wird. Die Schnüffelei kann beginnen.

Online lässt sich das Handy dann lokalisieren und auf einer Karte anzeigen. Mit entsprechender Software kann man es auch für Lauschangriffe verwenden. Das ist strafbar, die heimliche Lokalisierung noch nicht.

Die Bundesregierung möchte die heimliche Ortung unterbinden

Allerdings möchte die Bundesregierung den Missbrauch der Handyortung erschweren. Ab Anfang 2009 soll die Ortung von Mobiltelefonen nur noch möglich sein, wenn der Betroffene schriftlich zugestimmt hat. Zudem soll nach jeder fünften Standortbestimmung des Gerätes eine SMS verschickt werden, die darüber informiert, dass das Handy geortet wird.

Ähnlich umstritten ist die elektronische Überwachung von Kindern mithilfe von GPS-Geräten. Einerseits sehen viele Eltern hierin eine Chance, ihren Nachwuchs vor Verbrechen und Unfällen zu schützen. Andere sorgen sich um die persönliche Freiheit der Kinder, die dem prüfenden Blick ihrer Eltern dann rund um die Uhr ausgeliefert sind.

Die Björn-Steiger-Stiftung, die sich für die Verbesserung der Notfallrettung in Deutschland einsetzt, bietet beispielsweise einen solchen Dienst mit GPS-Handys an. Die Eltern werden benachrichtigt, wenn der Nachwuchs einen vorher festgelegten Bereich verlässt. Demselben Zweck dienen Armbanduhren mit GPS-Sendern, die mit dem Handy der Eltern Kontakt halten. Bei dem Versuch, das Armband zu entfernen, wird ein Notruf gesendet.


Nach Unfällen kann die Ortung des Handys Leben retten

Auch bei Unfällen ist genaue Ortung wichtig. Emergency Call heißen die Systeme, die automatisch einen Notruf absetzen, etwa wenn die Airbags beim Fahrzeug ausgelöst werden. Gleichzeitig werden die wichtigsten Informationen via Satellit an die Rettungsleitstelle übertragen.

Die Rettungsdienste wissen dann schnell über Unfallort, Fahrtrichtung, Heftigkeit des Aufpralls oder Anzahl der Insassen Bescheid. Die Datenübermittlung kann auch das Handy übernehmen. Dieser Dienst, der als „LifeService“ von der Björn-Steiger-Stiftung organisiert wird, ist billiger und schneller zu realisieren als fest im Auto installierte Telematiksysteme.

Zum Auffinden des Unfallorts wird sowohl die GPS-Technologie als auch die Handy-Ortung eingesetzt. Für die Genauigkeit ist die Funkzelle entscheidend, in der sich das Handy gerade eingebucht hat. Je kleiner sie ist, desto exakter die Standortbestimmung.

Wer in einer Großstadt verunglückt und sich übers Handy orten lässt, hat gute Chancen, von den Rettern gefunden zu werden: Hier ist die Standortbestimmung bis auf 50 Meter genau. Auf dem Land kann die Abweichung allerdings 15 Kilometer betragen.

quelle:zeit.de


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